»Programmable Brace« - Eine adaptive Sprunggelenksorthese auf Basis programmierbarer Materialien

© Franziska Hagenauer

Unser Körper verändert sich stetig, insbesondere während des Heilungsprozesses. Bei der Anfertigung von Orthesen wird jedoch nur ein Zustand eingefroren. Aus diesem Grund kann es nach einer gewissen Tragezeit, zu sinkendem Komfort bis zu Wunden und Geschwüren kommen, vor allem bei Kindern und Diabetikern. Die langwierige Neuanfertigung verzögert nicht nur den Heilungsprozess auf schmerzhafte Weise. Sie geht auch mit einem hohen Kosten- und Materialaufwand für die Patienten einher, da die Kassen nur eine bestimmte Anzahl an Orthesen finanzieren. Warum also nicht eine universelle, kostengünstige Orthese in Konfektionsgrößen designen, die sich individuell und jederzeit an die Patienten adaptieren lässt? Dies lässt sich verwirklichen mithilfe programmierbarer Materialien, deren Form bzw. deren Steifigkeit durch Wärme schaltbar gemacht werden kann. Durch diese Eigenschaft ist es möglich, eine universelle Orthese in Einheitsgrößen zu entwickeln, die sich bei Bedarf an den Patienten immer wieder neu anpassen lässt. Diese Eigenschaft erlaubt es außerdem, die Orthese in einer einfacheren Form herzustellen. Da in ein und demselben Material unterschiedliche Eigenschaften programmiert werden können, genügt dieses eine Material für ein funktionierendes Produkt und erleichtert damit dessen Verwertung. Durch eine adaptive Orthese aus programmierbarem Material reduziert sich der Zeit-, Kosten- und Materialaufwand, während der Tragekomfort erhöht und der Heilungsprozess der Patienten verbessert werden. Dieses Prinzip ist auch auf andere Produkte anwendbar wie z.B. Gesundheitsschuhe, die ebenso aufwändig maßangefertigt werden müssen. Das Fraunhofer Institut für Werkzeug und Umformtechnik IWU forscht an der additiven Fertigung von thermoresponsivem thermoplastischem Polyurethan (TPU). Mit Franziska Hagenauer als Designerin in Lab soll diese Vision verwirklicht werden. (Text: Franziska Hagenauer)

Projektmeilensteine und aktueller Stand

Die Entwicklung der Orthese begann mit der Beratung eines orthopädischen Chirurgen zur Ermittlung spezifischer Anforderungen. Anhand eines Fußmodells wurde der optimale Grad an Steifigkeit und Flexibilität für verschiedene Bereiche bestimmt. In der Designphase wurden diverse Konfigurationen und Verschlusssysteme mittels eines morphologischen Kastens bewertet.

Mithilfe eines 3D-Scans eines Fußmodells wurde ein erstes 3D-Modell des Grundkörpers der Orthese mit einem steifen und einem weichen Layer erstellt, wobei Blenders UV-Unwrapping-Tool half, ein planar druckbares 2D-Muster zu erzeugen. Das steife Layer wurde mit Heizdrähten unter Verwendung der innovativen Wire-Encapsulating-Additive-Manufacturing (WEAM) Technologie vom Fraunhofer IWU integriert. Weiche Bereiche, zunächst aus TPU-Polymer, wurden später durch Neopren-Stoff ersetzt.

Der erste Prototyp diente als Machbarkeitsnachweis für die Erwärmung und Anpassung der Orthese. In der Weiterentwicklung wurde ein Klettverschluss mit elastischem Schnürsystem kombiniert. Metalldruckknöpfe ermöglichten den Zugang zu den Heizdrähten für spätere Anpassungen.

© Franziska Hagenauer

Endergebnis - Prototyp

Das Projekt resultierte in einem funktionalen, optisch ansprechenden Prototyp zur Demonstration der Technologie auf Messen. Er soll potenzielle Kooperationspartner für die Weiterentwicklung in orthopädischen Geräten und anderen Bereichen wie personalisiertem Schuhwerk oder Wearables ansprechen.

Ein Forschungspapier als Machbarkeitsnachweis wird bald veröffentlicht. Das Projekt soll die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Design und Forschung in der Medizintechnik und darüber hinaus aufzeigen und inspirieren.

© Franziska Hagenauer
© Franziska Hagenauer
© Franziska Hagenauer

Franziska Hagenauer – Feedback zur Residenz:

»Ich bedanke mich für die Möglichkeit, meine Vision mit kompetenten Partnern umsetzen zu dürfen.

Besonderer Dank gilt meinen Kooperationspartnern am Fraunhofer IWU Marcel Müller und Johannes Knecht unter der Leitung von Lukas Boxberger, sowie Christoph Mätzold für die fachliche Beratung und dem Fraunhofer-Netzwerk »Wissenschaft, Kunst und Design« für die Unterstützung und Ermöglichung dieses Projekts.«

© Franziska Hagenauer

Timeline

Mai 2025

 

Veröffentlichung im Merlin Magazine